Summtropolis voraus! - Unser erstes Bienenjahr in 8 Kapiteln
Du möchtest in die Welt der Bienen eintauchen – aus unserer Perspektive? Nichts lieber als das! Erste Eindrücke findest du in unserem kleinen Film. Wenn du mehr über unsere Eindrücke, Überraschungen, Katastrophen und Glücksmomente aus dem Bienenjahr 2025 erfahren möchtest, lies gerne weiter. Wir nehmen dich in acht Kapiteln mit in unser Bienenjahr 2025.
Aber jetzt: Klappe zu, Film ab!
Von Heuballen und Honigträumen
Wenn es nach mir ginge – also Jara, bekennende Tierliebhaberin – dann hätten wir einen kleinen Bauernhof. Mit Ziegen, Hühnern, Eseln, aufjedenfall noch einen Hofhund. Was uns fehlt? Ein paar Quadratmeter Land und das nötige Kleingeld. Patrick, mein Lebensgefährte, ist außerdem Allergiker. Gegen so ziemlich alles, was Fell hat. Ein Bauernhof? Für ihn eher eine Vorstellung wie aus einem Horrorfilm. Aber er kennt mich. Und weil er mich glücklich machen wollte (und sich dabei nicht gleich umbringen), schlug er eines Tages vor:
„Wie wär’s mit einem Imkerkurs?“ Ich hielt kurz inne. Ob er das jetzt wohl ernst meinte? Die Chance ergreifend nickte ich.
So begann alles: Summtropolis voraus!

Ein nettes Plätzchen finden - Februar
Unser Bienenjahr begann mit einem Umzug!
Nicht wir, sondern unsere Bienen brauchten ein Zuhause. Und wir hatten Glück! Ein regionaler Bio-Gemüsebauer erlaubte uns, unsere Völker auf seinem Grundstück aufzustellen – zwischen Löwenzahn und Salatkopf, könnte man sagen. Im Laufe der Saison entpuppte sich dieser Platz als wahres Nektarparadies: Haselnuss, Salweide, Brombeere, Bergahorn, Winterackerbohne… und dann noch exotische Blüten wie Kiwi, Kakis und sogar Zitronenbäume.
Unsere Bienen hatten also durchgehend ein Blütenbuffet – und wir am Ende einen Honig, so lecker und besonders, dass wir ihn am liebsten selbst komplett vernascht hätten.
Ein herber Rückschlag - Mai
Nicht alle Bienen überleben den Winter. Deshalb bildet man im Frühling sogenannte Ableger – Mini-Völker, die im Folgejahr zu großen Wirtschaftsvölkern heranwachsen sollen. Doch bei der Ablegerbildung verloren wir die Königin unseres zweiten Volkes. Ohne Königin keine Brut, ohne Brut kein Nachwuchs – und das Volk schrumpft dahin.
Wir waren traurig. Nicht nur, weil es dieses Jahr von diesem Volk keinen Honig geben würde, sondern weil wir uns verantwortlich fühlten für die schlechte Situation des Volkes. Ein weiterer Ableger wurde buckelbrütig. Das bedeutet: Es gibt keine Königin, aber eine Arbeiterin denkt, sie sei eine Königin. Das Problem: Sie wurde nie begattet und kann nur unbefruchtete Eier legen – also nur Drohnen (männliche Bienen). Das Volk ist damit dem Untergang geweiht.
Wir mussten es auflösen. Einige der Bienen versuchten sich noch in anderen Völkern einzuquartieren – leider ohne viel Erfolg.
Es war, kurz gesagt, eine traurige Phase.
Im Chaos versunken
Zwei Wirtschaftsvölker, vier Ableger – und wir mittendrin.
Unsere Organisation? Eine Mischung aus Excel, To-do-Listen und Zettelwirtschaft. Wir schrieben Listen, verwarf sie, riefen unseren Imkerguru an, um sicherzugehen, und führten irgendwann sogar eine App ein. Technik soll ja helfen – aber wenn man trotzdem weiter auf Notizzettel schreibt, ist das Ergebnis eine doppelte Buchführung, die selbst der deutschen Bürokratie Konkurrenz macht.
Dazu kam der übliche Imker*innen-Wahnsinn: Rähmchen gingen aus, Futtertaschen und Transportkisten mussten besorgt werden, Obi versprach Vorrat – aber dann standen wir doch wieder ratlos vor dem Regal. Ein Jahr später wissen wir zwar viel mehr als letztes Jahr – aber wir fühlen und noch immer wie blutiger Anfänger mit Pollen im Haar.
Honig ernten - Anfang Juli
Lange Zeit dachten wir, es wird dieses Jahr nichts mit Honig.
Das eine Volk ohne Königin – raus. Das andere? Hatte kurzerhand beschlossen, Brut in den Honigraum zu legen. Kindergarten statt Vorratskammer. Aber dann – zack, innerhalb von zwei Wochen explodierte der Honigraum. Und plötzlich standen wir da mit vollen Waben!
Beim Schleudern blieb Honig an jeder erdenklichen Stelle kleben.
Unsere Bienen hatten für ein einziges 250g-Glas Honig bis zu 17.000 Ausflüge gemacht – und jetzt sollte der Honig einfach an Sieben, Messbechern und Fingern hängen bleiben? Ich schleckte nach erfolgreichem Verstauen des Honigs alles ab, was ich verantworten konnte. Irgendwann musste aber auch ich kapitulieren und den Schwamm holen.
Der Honig war dunkel, flüssig, kräftig. Patrick meinte, er schmecke wie Hustenbonbons – auf die gute Art. Auch ich fand ihn perfekt. Wir ernteten 23 Kilogramm. Ich füllte zwei Gläser ab und stellte sie feierlich in unsere Vorratskammer. Und dann? Ging ich alle 30 Minuten schauen.
Man kann sich einfach nicht sattsehen am eigenen Honig.
Die Bienen sind los - Ende Juli
Bis zu diesem Punkt hatte ich noch keinen einzigen Stich abbekommen. Ich arbeitete oft ohne Schleier – unsere Bienen waren sanft und ich war naiv. Dann kam der 04.07.2025. Zwei Tage zuvor hatte ich den Bienen die honigfeuchten Waben – also die Reste nach dem Schleudern – zum Ausschlecken ins Volk gegeben. Nun wollte ich sie wieder herausnehmen und ordentlich verräumen. Eine harmlose Idee.
Was ich bekam, war eine Lektion in Sachen Räuberei. Innerhalb von Sekunden war die Zarge von Bienen belagert – ich versuchte zu räuchern, zu fegen, die Zarge wegzutragen… keine Chance.
Ich wurde verfolgt. Ich wurde gestochen. Ich war bedient.
Am Ende flüchtete ich ins Auto. Und rief unseren Imkerguru an. Seine Antwort?
„Die Zeit ohne Schleier ist jetzt vorbei.“
Ja, dachte ich. Sie ist vorbei.
Auf in den Winter - August
Winter is coming – und jetzt heißt es: vorbereiten.
Zuerst einmal muss genug Futter ins Volk. Denn was sie nicht mehr draußen finden, muss reingereicht werden – und zwar in Form von Zuckerlösung oder Futterteig. Dann ist da noch die Varroa-Kontrolle. Die Varroa-Milbe ist ein winziger Parasit, der sich an die Bienen hängt und ihre Brut schädigt – quasi der ungeliebte Untermieter im Bienenstock.
Also wird gezählt, geschätzt und – wenn nötig – mit organischen Säuren behandelt. Klingt krass, ist aber wichtig. Denn ohne diese Maßnahmen würden viele Völker den Winter nicht überleben
Ein bisschen verrückt muss man schon sein
Wenn ich heute zurückblicke, dann staune ich selbst, was wir in diesem Jahr alles gelernt, erlebt, geschleppt und gelesen haben.
Wir haben fünf Völker. Das klingt erstmal überschaubar – aber mit Vollzeitjob fühlt es sich manchmal an wie eine Kleinfarm mit Schichtbetrieb. (Patrick: „Das ist übertrieben. Wenn du Geschichten erzählst, haust du immer zwei Schippen drauf.“ Jara: „Nur so werden’s gute Geschichten.“). Ich frage mich oft, wie Hobbyimker mit zehn, zwanzig oder mehr Völkern das schaffen. Und die wenigen Berufsimker, die heute noch existieren? Für uns Heldinnen und Helden in weißen Anzügen. Was uns traurig macht: Wie wenig diese Arbeit gesehen und geschätzt wird.
Dabei ist Imkerei nicht einfach ein Hobby – es ist Verantwortung, Fürsorge und eine dauerhafte Beziehung zu einem Tier, das uns weder anschmust noch an der Leine folgt. Aber genau deshalb lieben wir es.
Denn am Ende – zwischen Organisationstress, honigverklebten Küchenböden und Stachelgefahr – liegt da dieser eine Moment:
Du stehst vor der Beute, beobachtest das Summen, spürst den Frieden – und weißt: Das hier ist Gold wert!
Jara & Patrick
