Die Biene und die Banane

Zu dieser kleinen, aber spannenden Recherche hat mich unser Bio-Gemüsebauer animiert, bei dem unsere Bienenstöcke stehen dürfen.
„Stimmt es eigentlich, dass Bienen aggressiv auf Bananen reagieren?“, fragte er eines Tages, als wir gerade an den Völkern arbeiteten. Ich hatte noch nie etwas von einer Verbindung zwischen Bienen und Bananen gehört und begann noch am selben Abend mit einer kleinen Recherche. Schließlich wollte ich wissen, ob ein harmloser Bananensnack am Bienenstand in einer Stech-Orgie enden kann.
Banane = Gefahr? Chemisch gesehen ja.
Honigbienen kommunizieren auf vielfältige Weise, unter anderem über Duftstoffe. In Gefahrensituationen wird ein spezielles Alarmpheromon, auch Sting-Alarm-Pheromon (SAP) genannt, ausgeschüttet. Dieses besteht aus über 40 verschiedenen Substanzen, wobei der Hauptbestandteil Isoamylacetat ist.¹(López-Incera et al, 2021). Interessanterweise besteht der Geruch reifer Bananen zu einem großen Teil aus Isoamylacetat, dem gleichen Stoff, der das Alarmpheromon dominiert.
Banane und Alarmpheromon (SAP) teilen sich somit eine zentralen Stoff. Ob Bienen jedoch tatsächlich direkt aggressiv auf den Geruch einer Banane reagieren, wurde bisher wissenschaftlich noch nicht untersucht.
Selbstversuch - Bananensnack am Bienenstand
Natürlich konnte ich mir einen kleinen Selbstversuch nicht verkneifen. Beim nächsten Besuch am Bienenstand setzte ich mich mit einer Banane bewaffnet direkt vor die Beuten. Ganze 20 Minuten saß ich mit geschälter Banane vor der Beute. Das Ergebnis: völlige Gelassenheit. Die Bienen waren ganz mit ihrer Arbeit beschäftigt und ließen sich überhaupt nicht aus der Ruhe bringen.
Das Sting-Alarm-Pheromon (SAP)
Für alle, die ein bisschen tiefer in die Biologie des Sting-Alarm-Pheromons eintauchen möchten: Hier kommen – wie ich finde – besonders spannende Erkenntnisse aus der Forschung. Los geht’s!
Es ist bekannt, dass das Alarmpheromon SAP weder von der Königin noch von sehr jungen Arbeiterinnen produziert wird. Seine Produktion beginnt erst mit zunehmendem Alter der Arbeiterinnen und erreicht ihren Höhepunkt im Alter von etwa zwei bis drei Wochen – dann, wenn die Bienen beginnen, aktiv Wache zu halten und das Volk zu verteidigen. In dieser Phase ist die SAP-Konzentration am höchsten.²³ (Boch & Shearer, 1966) Sobald die Arbeiterin jedoch zur Sammlerin wird und das Nest verlässt, nimmt die Menge des produzierten Pheromons wieder ab.
Das Alarmpheromon kann auf verschiedene Weise freigesetzt werden: durch das Ausfahren des Stachels, beim eigentlichen Stich oder sogar noch vom Stich selbst. (Zhengwei Wang et al, 2019).³ So können Wächterbienen dieses Alarmpheromon abgeben, indem sie ihr Abdomen in die Luft strecken, den Stachel ausfahren und dabei mit den Flügeln schlagen – so wird der Duftstoff aktiv in der Luft verteilt. Andere Arbeiterinnen nehmen den Geruch über ihre hochsensiblen Antennen wahr und erkennen: Hier ist Gefahr.
Im Jahr 2021 veröffentlichten Forschende aus Konstanz und Innsbruck eine Studie, in der sie analysierten, wie Honigbienen auf unterschiedliche Konzentrationen von SAP reagieren. Sie fanden heraus, dass
bei niedriger bis mittlerer Konzentration die Aggressivität der Bienen deutlich steigt. Wird die Konzentration jedoch sehr hoch, sinkt die Stechbereitschaft wieder – vermutlich, um einen zu großen Verlust von Arbeiterinnen zu verhindern.⁴(López-Incera et al, 2021)
Wissenschaftliche Untersuchungen haben auch gezeigt, dass Rauch den Geruchssinn der Honigbienen vorübergehend beeinträchtigt. Wenn Rauch auf ihre Antennen trifft – also auf ihre wichtigsten Sinnesorgane zur Geruchswahrnehmung – reagieren sie danach deutlich schwächer auf bestimmte Duftstoffe, zum Beispiel auf das Alarmpheromon.⁵ (Kirk Visscher et al, 1995) Auch aus diesem Grund setzen Imker den Smoker ein: Durch gezieltes Einrauchen werden die Bienen beruhigt, weil ihre Fähigkeit, Alarmstoffe wahrzunehmen, für eine gewisse Zeit herabgesetzt wird.
Fazit:
Ob eine Banane bei den Bienen wirklich Alarm auslöst, wurde wissenschaftlich noch nicht belegt. Wir wissen nur, dass der Bananengeruch und das Alarmpheromon einen gemeinsamen Stoff besitzen. Ich selbst konnte eine solche Reaktion auf Bananen nicht feststellen.
In vielen Imkerforen liest man von Völkern, die angeblich in Stressituationen nach Banane riechen. Ich selbst bin einem solchen Volk noch nicht begegnet – meine Damen gehören eindeutig zur entspannten Sorte. 😄

1| López-Incera et al. BMC Biology.(2021).Honeybee communication during collective defence is shaped by predation. Online: http://nbn-resolving.de/urn:nbn:de:bsz:352-2-1idtyyt0xeyxd9
2| Boch R, Shearer D.A. Iso-pentyl acetate in stings of honey bees of different ages. J Apicult Res. 1966;5:65–70.
3| Zhengwei Wang et al. (2019). Honey Bee Alarm Pheromone Mediates Communication in Plant–Pollinator–Predator Interactions. Online: https://pmc.ncbi.nlm.nih.gov/articles/PMC6835895/
4|López-Incera et al. BMC Biology. (2021). Honeybee communication during collective defence is shaped by predation. Online: http://nbn-resolving.de/urn:nbn:de:bsz:352-2-1idtyyt0xeyxd9
5| Kirk Visscher et all. (1995). Alarm pheromone perception in honey bees is decreased by smoke (Hymenoptera: Apidae)
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